„Wir treffen uns dann also morgen an dem Bootsanleger, ja?“, fragte Marjorie. „Findet da die Trauung statt?“
„Standesamtlich.“ Jesse nickte.
„Keine Kirche?“ Marjorie wirkte beinahe enttäuscht.
„Gale ist theophob, und die Kirche ist homophob“, erwiderte Jesse. „Das …“
Ein ohrenbetäubender Knall, der vor dem Haus ertönte, unterbrach ihn. Es klang, als wären zwei große metallische Gegenstände ineinander gekracht, etwas schepperte furchtbar, und im gleichen Moment setzte das Heulen einer Autoalarmanlage ein.
Gale erkannte sie umgehend als die seines Mercedes und eilte am erschrocken flüchtenden Christo vorbei durchs Haus nach vorne zu dem Carport. Sie hatten es vor zwei Jahren bauen lassen, um Versicherungsprämien zu sparen.
„Heilige Scheiße!“, murmelte er, als er die Haustür öffnete und erfasste, was passiert war: Jesses Kumpel Darren hatte ihnen für die Fahrt vom Tempel zum Bootsanleger eine Beaufort Limousine aufgeschwatzt, ein massiver Oldtimer mit Verdeck und edlen Ledersitzen, dessen kräftige Hinterachse jetzt in der Front von Gales Mercedes steckte.
„Ich wollte daneben parken, ich schwöre!“, beteuerte Darren, der ausstieg und den Schaden begutachtete.
„Ja, das sehe ich“, gab Gale spöttisch zurück. Dabei war neben dem Mercedes genug Platz für ein zweites Auto. Normalerweise stand dort Jesses Wagen, den er aber zugunsten des Beauforts auf der anderen Seite des Vorplatzes abgestellt hatte. Nur wer absolut nicht einparken konnte, würde sich derart im Winkel vertun.
Barfuß, denn auch eine Kaffeetafel mit Eltern konnte ihn nicht dazu bringen, Schuhe anzuziehen, lief Gale über den Vorplatz und schaltete die nervtötend heulende Alarmanlage ab. Danach sah er sich den Schaden aus der Nähe an. Die Front des Mercedes war verbeult und die Motorhaube hatte sich hochgebogen. Bei dem Beaufort hatte sich die Stoßstange gelockert und würde vermutlich herunterfallen, sobald man den Wagen vorwärts bewegte, im Lack waren tiefe Schrammen.
Die Leute von der Autovermietung werden sicher glücklich sein.
„Oh, nein!“ Jesse, der nun auch dazu gekommen war, raufte sich die Haare. „Und jetzt?“
Gale zuckte die Schultern. „Wir fahren mit deinem Auto.“
„Das ist ein langweiliger Mittelklassewagen!“, protestierte Jesse.
„Er ist aber heil“, hielt Gale dagegen. „Und mit den Blumen auf der Motorhaube sieht er bestimmt gleich besser aus.“
„Manchmal ist dein Pragmatismus echt nervig! Die Blumen sind auf den Beaufort abgestimmt. Der ist weiß – pfefferweiß!“ Darauf legte Jesse Wert. „Und er hat eine viel längere Motorhaube als der Mercedes oder mein Toyota. Überhaupt, man kann doch nicht mit einem Reiskocher zu einer Trauung fahren!“
„Als wir ihn gekauft haben, war dein Argument noch, dass es ein langlebiger, alltagstauglicher Wagen ist. Das ist mal so was von pragmatisch.“
Mahnend hob Jesse den Zeigefinger. „Alltagstauglich. Das ist das Stichwort. Eine Hochzeit ist aber nicht Alltag!“
Gale kratzte sich am Kopf, um eine Lösung bemüht, bei der Jesse keine Schnappatmung bekam.
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